Definitionen: Was ist das Original? (1)
Mit der Verbreitung des Individualismus rückte das
Original, als einzigartiger Nachweis der Genialität und Kunstfertigkeit
des Künstlers, in den Mittelpunkt der Kunstbetrachtung.
Im Bezug auf Rodins Skulpturen sollte jedoch berücksichtigt werden, dass
das Originaltonmodell, das der Künstler mit seinen eingenen Händen
geschaffen hat, bei der Übersetzung des Tones in eine Gipsgussform (modèle
bon creux) fast immer zerstört wurde. Diese Gussformen dienten als
Vorlage für die Reproduktion von weiteren Gipsexemplaren, die später
für Verkauf, Ausstellung und für weitere künstlerische Modifizierung
(Ausstellungsgipsmodelle, Studiogipsmodelle, Assemblagen) benutzt wurden.
Hiervon wurden wiederum Gießereigipsmodelle oder Duplikaten angefertigt,
um Formvorlagen für Bronzegüsse zu gewinnen.
"Barbey d'Aurevilly",
plaster re-edited by Rodin
with clay, 1909, photo by World's Graphic Press
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Da wir wissen, dass Rodin viele seiner Objekte
aus seiner kontinuierlichen Arbeit an dem "Höllentor"
entwickelte, und niemals aufhörte, diese Stücke zu modifizieren
und zu kombinieren, und eine Vielzahl von Assistenten und
Kunsthandwerkern engagierte, um seine Modelle in Marmor und Bronze
zu übersetzen, ist es fast unmöglich, ein spezifisches Objekt
aus einem solchen Entwicklungsvorgang als "das" Original
zu identifizieren. Stattdessen akzeptiert man i.d. R. alle solche
Objekte als Original anerkannt, die der Künstler mit seinen
eigenen Händen geschaffen hat. Außerdem können alle Objekte,
deren Fertigstellung der Künstler persönlich beaufsichtigte und
authorisierte, auch als Originale im erweiterten Sinne akzeptiert
werden.
Dies beschränkt die Verwendung des Begriffes
"original" auf solche Objekten, die während des Lebens
des Künstlers entstanden sind .
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Der Kunstmarkt neigt aber dazu, diesen Begriff auf
inflationäre Weise zu verwenden. Die Benennung
"Originalausgabe" bezieht sich auf eine limitierte Anzahl von
Kopien, die vom Originalmodell abgeleitet wurden: Nicht die persönliche
Supervision durch den Künstler ist ausschlaggebend, sondern die
wirtschaftliche Strategie des Herausgebers, den Marktwert durch eine
Garantie der Seltenheit zu schützen. Dies wird im Falle Rodins durch das
französiche Recht unterstützt. Das Rodin Museum, das die Authentizität
und Exklusivität seinen posthumen Rodin Güsse gegenüber der Kritik z.
B. des in Florida lebenden Galeristen Garry Arseneau ("Tote Menschen
machen keine Skulpturen") verteidigt, beruft sich auf diese -
willkürliche - juristische Definition.
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